Die Bergführer-Methode
Die Tätigkeit eines Strafverteidigers
lässt sich bildhaft mit derjenigen eines Bergführers vergleichen.
Ein Bergführer wird von einem Kunden angefragt, mit ihm eine
bestimmte Route zu begehen. Der Kunde zieht den Bergführer bei, weil
ihm das Wissen und Können abgeht, sich selbst im Gebirge gezielt und
sicher bewegen zu können. Der Bergführer nimmt die Anfrage entgegen.
Bevor er mit seinem Kunden los marschiert, will er ihn näher kennen
lernen. Er will wissen, über welche physischen und psychischen
Fähigkeiten, Erfahrungen und über welches Material der Kunde
verfügt, ob er irgendwelche gesundheitliche Probleme hat, generell
wo seine Grenzen liegen. Allenfalls unternimmt er mit ihm eine
Probetour. Ferner konsultiert er Karten, Wetterberichte,
Erfahrungsberichte und aktuelle Rückmeldungen über die in Frage
kommenden Routen, komplettiert die Ausrüstung etc., bevor er sich
mit seinem Mandanten erneut bespricht und mit ihm das weitere
Vorgehen samt Plan B und C bestimmt. Je nach Schwierigkeitsgrad der
Route, den Fähigkeiten des Kunden etc. wird er gezielt Umwege in
Kauf nehmen, Schneefeldern, Geröllhalden ausweichen und eigentliche
Kletterpartien vermeiden. In Gefahrenbereichen wird er ihn an der
kurzen Leine führen. Auf der ganzen Bergtour beobachtet er seinen
Kunden, kommuniziert mit ihm und passt gegebenenfalls Tempo und
Routenwahl an. Ein guter und erfolgreicher Bergführer zeichnet sich
somit nicht nur durch sein alpinistisches Können, sondern auch durch
seine Fähigkeit aus, Menschen zuzuhören, sie einzuschätzen und mit
ihnen umzugehen. Eine Verteidigung nach diesen Grundsätzen bezeichne
ich als Verteidigung nach der Bergführer-Methode.
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